Die Träumerin


Ich schrecke hoch aus einem Traum, den man beinahe schon als Albtraum bezeichnen könnte. Peer, mein bester Freund, und ich waren, im Traum, auf dem Weihnachtsmarkt. Ich war schon häufiger dort, ist auch nicht so abwegig, wenn die Buden gleich um die Ecke aufgebaut sind. Aber dieser Traum lässt mir keine Ruhe, denn vieles war verkehrt herum. Die Buden standen auf dem Kopf. Ich musste meinen Becher mit dem Punsch, verkehrt herum halten – wie alle, doch fanden die das in keiner Hinsicht auch nur annähernd merkwürdig- damit der Punsch nicht nach oben floss. Doch eine gute Sache hatte es schon, ich fühlte mich federleicht, das gehen war das reinste Vergnügen und die paar Kilos, welche ich doch mehr hatte waren wie vergessen. Es fühlte sich an als wäre ich schwerelos. Peer und ich gingen über den Weihnachtsmarkt, sahen uns die Stände an – welche jedes Jahr die gleichen sind – und aßen jeder eine Schokobanane. Ich liebe sie! Wir alberten miteinander herum und ich sprang die ganze Zeit, da ich vollkommen überwältigt war von diesem Gefühl der Leichtigkeit. Ich wollte gar nicht mehr aufhören zu hüpfen und mich so zu fühlen, als könnte ich fliegen. Meine Fantasie ging mit mir durch und ich malte mir aus, wie hoch ich auf einen Trampolin springen könnte. Sagte ich: Malte mir aus? Ich habe es mir vielleicht ein oder zwei Sekunden ausgemalt, doch jetzt hatte ich merkwürdigerweise ein Trampolin untern den Füßen und musste mir nicht vorstellen, wie hoch ich springen könnte. Ich konnte es ausprobieren. Es war überwältigend. Ich sprang drei Mal so hoch wie eben schon, fühlte mich wie ein Vogel, nicht eingeschränkt, frei und konnte den ganzen Weihnachtsmarkt über blicken, bis ich plötzlich erschrak. Wo zum Teufel hatte ich das Trampolin auf einmal her? Ich hatte doch lediglich nur an das Trampolin gedacht. „Haben meine Gedanken eine solche Macht?“, fragte ich mich insgeheim. Um das heraus zu bekommen, versuchte ich nur mit meinen Gedanken die Buden umzudrehen. Doch konnte ich sie nicht dazu bewegen, sich wieder richtig herum zu stellen. Ich konnte sie nur auf die Seite legen. Ich versuchte es noch einmal, kniff meine Augen zusammen, doch als ich sie öffnete lagen die Buden nicht mehr wie eben auf der rechten Seite sondern auf der linken. Irgendetwas läuft da noch nicht ganz richtig.
„Die Buden sind noch etwas zu schwierig für dich!“, hörte ich eine unbekannte Stimme flüstern.
„Peer, hast du das auch gehört?“, fragte ich ihn etwas verwundert.
„Was soll ich auch gehört haben?“, er guckte etwas verstört und suchte scheinbar etwas in der Umgebung, “ich habe nur gesehen, wie sich die Buden von einer Seite auf die andere drehten.“
„Dann scheine ich mir das nur ein zu bilden!“, sagte ich mehr zu mir als zu Peer. Trotzdem war ich immer noch fasziniert davon, nur mit meinen Gedanken und meiner Willenskraft, mein Umfeld zu verändern. Ich versuchte mich an dem Punsch. Dass dieser nach oben floss und nicht nach unten war mir unerklärlich. Das passte einfach nicht zusammen. Ich kniff meine Augen wieder zusammen – muss ganz schön bescheuert ausgesehen haben – und dachte daran, dass Flüssigkeiten wieder nach unten fließen. Im nachherein hätte ich das lieber gelassen, denn wie mir einfiel würde es kein Regen mehr geben, doch als ich die Augen öffnete war ich dann wieder froh es doch nicht gelassen zu haben. Ich musste unwillkürlich lachen. Alle Menschen auf dem Weihnachtsmarkt mit Punschbecher in der Hand hatten jetzt nasse Hosen und merkwürdige Mimiken. Vielleicht hätte ich sie vorwarnen sollen, dachte ich kurzzeitig, doch ich verwarf den Gedanken schnell, denn dieser Anblick war zu genial. Alle waren sie vollkommen verdutzt und konnten sich nicht erklären, weshalb der Punsch auf ihren Hosen gelandet war. Ich war gerade richtig euphorisch, wünschte mir einen Wunschbrunnen – als Entschuldigung für das Punschunglück – dort hin und eine etwas missglücktes Riesenrad hier hin.
„Du machst das schon gut. Versuch es noch einmal. Übung macht den Meister.“, das war wieder die unbekannte Stimme.
„Schhhht“, machte ich nur und nahm gar nicht richtig wahr wer da mit mir sprach. Ich erneut an ein Riesenrad, mit bunten Gondeln, welche im Dunkeln beleuchtet wären und daran wie groß es sein würde und wie weit man gucken könnte, wenn man mit der Gondel ganz oben wäre.
„Sehr gut, du lernst sehr schnell. Versuche dich jetzt nochmal an den Buden.“, wieder die Stimme. Dieses Mal jedoch, war ich wachsamer.
„Sag mal, kannst du mir verraten wer du bist?“, fragte ich etwas verstimmt, nicht gerade erfreut darüber, dass sich jemand in meine Gedanken einmischt.
„Em…“, drang ein verwirrtes Stottern von meiner linken Seiten zu meinem Ohr. „Hast du mich ernsthaft gefragt, wer ich bin?“ Ich drehte mich nach links und sah Peer, welcher mich mit einem nicht zu deutendem Gesichtsausdruck ansah.
„Shit, habe ich das laut ausgesprochen?“
„Ja das hast du.“ Es war ein Chor aus Peer und der unbekannten Stimme welcher mir antwortete. Aber verstummte Peer danach und der unbekannte Redner sprach weiter: „Keine Angst, wenn du mit mir redest, brauchst du dies nicht laut auszusprechen, wenn de es denkst reicht mir das. Du hörst mich auch nur über deine Gedanken, warum also sollte ich dich nicht über deine Gedanken hören?“
„Woher soll ich das wissen?“, das klang etwas sehr pampig also setzte ich schnell etwas freundlicher hinterher:“Ich höre dich gerade das erste Mal und soll dir dann auch noch erklären warum es so nicht gehen sollte?“
„Siehst du, das geht doch schon ganz gut, deine Umwelt hat nichts davon mitbekommen was du zu mir gesagt hast.“, kam auch prompt die Stimme wieder zu Wort.
„Und jetzt versuch dich nochmal an den Buden.“ Ich kniff die Augen zusammen und dachte daran, wie sich die Buden normal hinstellten. Ich war erstaunt und ein bisschen stolz auf mich als ich die Augen wieder öffnete und sah, wie alle Buden wieder richtig herum standen.
„Hast du Schmerzen?“, fragte Peer mich mitleidig. Das Augenkneifen hat ihn scheinbar irritiert.
„Nein, nein alles ok“, beeilte ich mich zu antworten.
„Sehr gut“, das war wieder die Stimme in meinem Kopf, „dann lass uns den Schwierigkeitsgrad steigen. Schließlich sind wir nicht zum Vergnügen hier. Du musst dich noch steigern!“
„Wie wir wollen den Schwierigkeitsgrad steigern und warum muss ich denn überhaupt etwas lernen.“ Diesmal war es meine Aufgabe verwirrt zu gucken.
„Warum du lernen musst, das wirst du noch früh genug erfahren. Aber du wirst merken wie wir den Schwierigkeitsgrad steigern können. Schau dich einfach mal um.“ Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse und bemerkte, dass Peer nicht mehr hier war.
„Wo ist Peer, was hast du mit ihm gemacht?“, frage ich panisch.
„Ich habe fast das Selbe gemacht, was ich auch hier mit der Welt in deinem Träumen gemacht habe. Ich habe ihn zwar nicht verändert, aber ich sagte ja auch, dass ich den Schwierigkeitsgrad steigern möchte. Ich habe ich verschwinden lassen. Und nur mit deiner Willenskraft und deinen Gedanken kannst du ihn zurück hol…“, weiter kam die Stimme nicht, denn ich wurde von meinem Wecker aus meinen Träumen gerissen.
Nun sitze ich aufrecht in meinem Bett, immer noch erschreckt darüber, dass sich der Traum so real anfühlt.
„Ich war noch nicht fertig, du kannst mich nicht einfach loswerden indem du aufwachst.“ Das ist wieder die Stimme.
„Peer bleibt solange verschwunden bis du ihn in deinen Träumen wieder findest!“, damit wird mir auch schon meine Frage beantwortet, wo Peer denn sei.
„Nein, nein du kannst mir Peer nicht wegnehmen. Ich brauche ihn.“
„Das werden wir heute Nacht sehen, wenn du ihn wieder haben willst, ist nichts leichter als das. Also genieß deinen Tag, wir sehen uns heute Nacht.“

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